Cover. Ein langes Wochenende von Gilly Macmillan

Ein langes Wochenende – nichts für schwache Nerven

Ein langes Wochenende von Bestseller-Autorin Gilly Macmillan

Ein mörderisch gutes Buch mit Nervenkitzel – sofern Sie demnächst kein langes Wochenende mit Ihren Freundinnen geplant haben.

Inhalt

Cover. Ein langes Wochenende von Gilly Macmillan
Gilly Macmillan: Ein langes Wochenende. In Übersetzung von Sabine Schilasky. © 2022 Blanvalet Verlag, München.

Drei Frauen treffen in einem abgelegenen Ferienhaus ein, tief in der Moorlandschaft von Northumbria an der schottischen Grenze. Es ist der erste Abend ihres langen Wochenendes, am nächsten Morgen erwarten sie ihre Ehemänner. Doch auf dem Küchentisch von Dark Fell Barn finden sie einen Brief, in dem jemand behauptet, einen ihrer Ehemänner umgebracht zu haben.

Die drei Frauen glauben zuerst an einen perfiden Scherz. Doch sie haben keinen Handyempfang. Es gibt kein Internet – und ein Sturm zieht auf. Die Frauen sind von der Außenwelt abgeschnitten, und als jede von ihnen versucht herauszufinden, was passiert ist – ob überhaupt etwas passiert ist – werden ihre Freundschaften auf eine harte Probe gestellt.

Die Situation droht, zu eskalieren …

(Klappentext)

Die Perspektive eines langen Wochenendes

Ein langes Wochenende beginnt auf für mich ungewohnte Weise. Ungewohnt hinsichtlich der Erzählperspektive eines auktorialen Erzählers*. Die Perspektive wechselt nicht, wie ich es als üblich geworden empfinde, pro Abschnitt oder Kapitel. Es ist die „klassische“ Form, die zwischen den Gedanken, Gefühlen und Handlungen der Figuren hin- und herspringt. So, dass der Leser immer genau das erfährt, was er im Moment wissen soll.

Daneben gibt es einen Ich-Erzähler. Er berichtet aus Sicht der Täterin oder des Täters. Warum „oder“? Weil die Autorin den Leser zunächst hinters Licht führt. Die Person, aus deren Blickwinkel man meint, etwas zu erfahren, entpuppt sich als jemand anderes. Die Stelle, an der dem Leser der Irrtum bewusst gemacht wird, finde ich allerdings weniger gelungen. Ich habe mehrmals vor- und zurückgeblättert und den Absatz wiederholt gelesen, weil ich der Meinung war, hier sei ein Fehler passiert. Absicht der Autorin und ein genialer Einfall. Aus meiner Sicht jedoch nicht elegant genug gelöst.

Die Ungewissheit, in der der Leser bei der Identität des Täters* gelassen wird, sorgt für Hochspannung. Die Autorin streut Brotkrumen, die sich jedoch meist als Sackgasse erweisen. Man hat immer wieder eine Idee, ist sich aber nie sicher.

Psychologische Abgründe

Macmillan nimmt ihre Leser mit, tief in die Psyche ihrer Charaktere hinein. Man fühlt Jaynes Dissoziation, leidet mit Ruths Absturz in die Welt des Alkohols und spürt Emilys Panik. Man möchte Imogen helfen. Und man empfindet tiefes Mitleid für John und Maggie, die das Ferienhaus an die drei Frauen vermieten. Johns Demenzerkrankung geht einem unter die Haut.

Vor allem bekommt man einen tiefen Einblick in das psychopathische Denken des Täters. Von Seite zu Seite nimmt die Abscheu gegen ihn zu.

Ab dem Moment, in dem man als Leser endlich erlöst wird und erfährt, wer sich hinter „E.“ verbirgt, wird die Geschichte meiner Meinung nach zäh. Ich konnte erahnen oder eine Vorstellung davon entwickeln, was noch kommen würde, sodass ich nicht mehr mit Anspannung, sondern Ungeduld weitergelesen habe. Das Ende ist mir zu langatmig.

So ungewohnt das Buch anfängt, so ungewohnt endet es. Man erfährt mehr Details als üblich über „das Leben danach“ der Figuren. Ich bin zwiegespalten, ob ich das mag. Denn es dämpft die Erleichterung über den mehr oder weniger „guten“ Ausgang der Story.

Kurz gesagt:
Sie mögen Spannung? Dann sind Sie bei diesem Buch genau richtig.

Gelesene Ausgabe: Macmillan, Gilly: Ein langes Wochenende. Und dein Mörder wartet schon. In Übersetzung von Sabine Schilasky. Blanvalet Verlag. München 2022. ISBN 987-3-7645-0809-8.